Inklusive Qualifizierungs- und Beschäftigungsstrukturen erfolgreich etablieren
Das inklusive Potential deutscher Unternehmen ist hoch und alleine die Erfahrungen, die ProjektRouter mit Partnerunternehmen erleben darf, zeigen deutlich: Mit einem entsprechend breit aufgefächerten und individuell ausgerichteten Angebot kann dieses Potential nachhaltig etabliert und ausgebaut werden.
Lesen Sie selbst, was Unternehmer*innen oder Mitarbeiter*innen sagen:
Interview mit Ute Pascher, UKM
Universitätsklinikum Düsseldorf Medical Services GmbH
Mein Name ist Ute Pascher. Ich arbeite als Assistentin der Geschäftsführung der Tochtergesellschaften des Universitätsklinikum Düsseldorf und leite die Inklusionsabteilung der UKM GmbH.
Wir haben 2016 das erste Mal vom Thema Inklusion gehört und das Inklusion sehr gut möglich ist. Wir waren eingeladen in die UKR, die Reinigungsgesellschaft der Uniklinik Köln, die Inklusion mit ProjektRouter schon viele Jahre sehr erfolgreich umsetzt.
Dort haben wir Frau Labruier von ProjektRouter und einen Vertreter des Landschaftsverbands Rheinland kennengelernt. Bei diesem Treffen wurden die Möglichkeiten der Inklusion vorgestellt. Wir sind nach Düsseldorf zurückgekehrt und haben die neuen Erkenntnisse unserem Geschäftsführer Herrn Struch vorgestellt. Der hat nur gesagt, ́…dann macht euch mal auf den Weg. Ich unterstütze das`.
So wurde die Zusammenarbeit mit ProjektRouter begründet. Ehrlicherweise muss ich jedoch sagen, ohne Kooperation mit ProjektRouter und ohne die professionelle Beratung durch ProjektRouter, hätten wir uns nicht auf den Weg gemacht. Die Zugänge sind schwierig, die Beantragungswege kompliziert. Vor allem das Know How von Frau Labruier, das einem als Arbeitgeber überhaupt nicht zur Verfügung steht, hat uns ermutigt, den Schritt in die Inklusion zu gehen.
Frau Pascher, vielen Dank bis hierhin.
Wie kam denn der Mechanismus nach Ihrem Besuch in der UKR der Uniklinik Köln in Gang, und wer hat sich bei Ihnen in Düsseldorf dafür eingesetzt?
Es war unser Geschäftsführer Herr Struch, der uns die Bereitschaft vermitteltund den Weg geebnet hat. Wir haben klein angefangen in einer Besprechung mit Frau Labruier, die uns mögliche Wege aufgezeigt hat. Es hat dann auch bis zum Sommer 2016 gedauert, bis wir das erste Mal einen Kollegen in der Arbeitserprobung bei uns hatten. Wir haben dann über die Integrative Arbeitnehmerüberlassung von ProjektRouter angefangen, mit Menschen mit Schwerbehinderung zu arbeiten.
Zunächst gründeten wir eine virtuelle Inklusionsabteilung. Das war interessant, denn diese strukturelle Zielsetzung war für uns erst einmal neu.
Bei uns arbeiten unsere KollegInnen mit besonderem Unterstützungsbedarf inihren jeweiligen Bereichen. Aber um ihren Leistungsminderungen gerecht zu werden und sie zu unterstützen, bedarf es einer Inklusionsabteilung. Die Unternehmen Interview mit Ute Pascher, UKM – Universitätsklinikum Düsseldorf Medical Services GmbH vom 05.12.2019 Seite 2 von 4 Fragestellung war: Welche Arbeitsplätze können wir wie gestalten, so dass unserAngebot mit den Leistungsmerkmalen, die die Menschen mit Behinderung mitbringen, ideal zusammenpassen, damit eine erfolgreiche Eingliederung in die Bereiche, denen sie zugeordnet sind, gelingt.
Im Vorfeld habe ich mir Gedanken gemacht, in welchen Bereichen dies bei uns möglich sein kann. Dann habe ich gezielt Führungskräfte angesprochen und dafür geworben, sich auf dieses Abenteuer einzulassen.
… ist das ein Abenteuer?
Ja, das ist schon ein kleines Abenteuer, schon wegen des Mehraufwandes.
Es muss die Bereitschaft der Führungskräfte da sein, sich auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Menschen einzulassen. Die Anforderung an die Führungskraft wird unter Umständen höher, insbesondere bei KollegInnen mit besonderem Unterstützungsbedarf.
Anfangs gab es auch Irritationen, weil ein Inklusionstrainer nah dabei ist. Das wurde ein bisschen so verstanden: wir werden kontrolliert.
Herr Rothe, der Inklusionstrainer, hat es sehr gut geschafft, auch sehr persönliche Beziehungen zu den Führungskräften aufzunehmen. Die Situation hat sich dann auch schnell gewandelt. Jetzt wird es als Bereicherung und Unterstützung erlebt, dass wir durch einen Inklusionstrainer unterstützt werden.
Natürlich müssen auch die Teams, in die die neuen KollegInnen integriert werden, ́abgeholt` werden.
Es gilt abzuwägen und gut vorzubereiten, welche der neuen KollegInnen in welche Teams passen.
Derzeit sind in Ihren Tochtergesellschaften insgesamt 31 Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigt. Das sind knapp 9 Prozent der Belegschaft. Allerdings sind von diesen 31 Mitarbeitern lediglich sieben in der Inklusionsabteilung tätig. Wie kommt es zu diesem Unterschied?
Ja, das stimmt. Die sieben KollegInnen sind wegen ihres besonderen Unterstützungsbedarfs in die Inklusionsabteilung gekommen. Wir ermöglichen ihnen, im ersten Arbeitsmarkt tätig zu sein; und mit Equal Pay und EqualTreatment vollkommen gleichgestellt zu sein.
Durch Inklusionstrainer von ProjektRouter, durch das Autismus-Spektrum-Störung-Projekt (ASS-Projekt) an der Uniklinik Köln und durch Schulungen in Zusammenarbeit mit ProjektRouter kann das so realisiert werden.
Die anderen KollegInnen sind auf unterschiedlichen Wegen zu uns gekommen. Wir stellen fest, dass Menschen zögern, ihre Behinderung im Vermittlungsprozess
Unternehmen Interview mit Ute Pascher, UKM – Universitätsklinikum Düsseldorf Medical Services GmbH vom 05.12.2019 Seite 3 von 4 anzugeben. Wir gehen eigentlich davon aus, dass wir viel mehr Mitarbeitende mit Schwerbehinderung haben, die das aber nicht sagen.
Ich möchte noch einmal kurz nachfassen, was die 24 anderen Mit-arbeitenden mit Behinderung angeht. Haben sie keinen Unterstützungsbedarf?
Nein, sie haben keinen besonderen Unterstützungsbedarf. Sie sind über eine Initiativbewerbung, die Vermittlung der Arbeitsagentur oder der Jobbörse zu uns gekommen.
Wie beurteilen Sie die Leistungsfähigkeit Ihrer Mitarbeiter in der Inklusionsabteilung?
Unsere Erfahrung zeigt, dass es etwas länger dauert, in den verschiedenen Bereichen anzukommen, die Prozesse zu verstehen, dass das Universitäts-klinikum Düsseldorf mit seinen zahlreichen Gebäuden wie eine kleine Stadt ist.
Die neuen Mitarbeitenden müssen lernen, sich unter diesen Bedingungen zu orientieren. Es kann vorkommen, dass es zum Kontakt mit unseren Patienten beispielsweise in den Caféterien oder im Buffetservice kommt. Hier ist Einfühlungsvermögen und Verständnis gefordert.
Gerade deswegen ist es so gut, dass wir die Inklusionsabteilung haben. Denn hier haben wir die Ruhe, solche Dinge gemeinsam umzusetzen. Die Erfahrung ist, dass diese Mitarbeitenden glücklich sind, gerne arbeiten und als völlig gleichwertig von den KollegInnen ohne Behinderung angesehen werden: kurzum, angekommen sind und super arbeiten. Das Selbstverständnis stimmt ganz einfach.
Was braucht ein Unternehmen für die Etablierung der Inklusionsidee?
Eine große Bereitschaft, sich darauf einzulassen, auch mit allen Konsequenzen und eine gute Beratung. Die Möglichkeiten sind einfach sehr vielfältig. Alleine bei uns in NRW mit zwei Landschaftsverbänden mit unterschiedlichen Antragsverfahren wird es schon sehr komplex. Die Tochtergesellschaft der Uniklinik Münster hat ganz andere Schwierigkeiten. Sie müssen sich super vernetzen. Das bedeutet Aufwand. Es geht am Ende eigentlich nur über eine Vielzahl persönlicher Gespräche. Außerdem könnte befürchtet werden, dass wir hier nicht korrekt arbeiten, also Menschen mit Schwerbehinderung ausnutzen. Wir müssen schon einiges an Vertrauensarbeit leisten. Vertrauensarbeit und gegenseitige Wertschätzung sind unerlässlich, sich auf Inklusion einzulassen.
Was würden sie sich -idealtypisch gedacht- als Arbeitsgrundlage für Ihren Bereich, also die Inklusionsabteilung, wünschen? Sie haben ja erst kürzlich das Inklusionszertifikat von der Arbeitsagentur Düsseldorf für die Arbeit der UKM erhalten!
Einfachere Strukturen und einfachere Antragsmöglichkeiten. Auf der einen Seite wird immer gesagt, man soll inklusiv arbeiten. Auf der anderen Seite bestehen Ressentiments, Schwierigkeiten, neue Wege anzubahnen und Vertrauen zu schaffen. Außerdem gibt es wechselnde Ansprechpartner.
Ich habe aber über die Arbeitsagentur Düsseldorf auch viel Glück, denn in dem für uns zuständigen Bereich haben wir eine Ansprechpartnerin, die ich zu Rate ziehen kann, die Wege bahnt und mit der wir einen guten Arbeitsmodus gefunden haben.
Aber als grundlegendes Hemmnis oder Hürde würden Sie schon die Verwaltungsstrukturen sehen?
Ja, ja … die Wege der Beantragung …
Haben Sie eine Idee, wie das geändert werden könnte? Hm, eine Idee?
Da müsste sich im Bereich der Verbände und der Arbeitsagenturen einiges ändern. Das Thema Inklusion ist schon recht komplex und manchmal auch kompliziert.
Frau Pascher, ich danke Ihnen, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben.
Das Interview führte Thomas Geduhn